Mein Einrad-Projekt

Es war einmal ein schöner Juni-Nachmittag, als ich mit meiner Schwester zusammen auf den Feldwegen bei uns ums Haus Einradfahren war. Ich sagte zu ihr: „Du, ich habe eine verrückte Idee: Wie wäre es, wenn ich Einräder mit nach Togo nehme? Das wäre schon echt cool!!“

Naja, was soll ich sagen? Jetzt, ein halbes Jahr später, bin ich hier und darf stolz berichten, dass wir in meiner Einsatzstelle jeden Samstagnachmittag Einradfahren üben.

Ein Schnappschuss vom samstäglichen Einradfahren

In diesem Blog-Beitrag möchte ich Euch mit auf diese Reise nehmen und einen Einblick in die umfangreichen Vorbereitungen ermöglichen…✨

1. Die Vorbereitungen

Nach dieser „schicksalshaften“ Einrad-Ausfahrt ging mir der Gedanke, mit Einrädern nach Togo zu fliegen, nicht mehr aus dem Kopf. Ich erzählte meinen Eltern davon, die mich dankenswerter Weise von Anfang an bei meinem Vorhaben unterstützt haben. Schließlich gab es jede Menge zu erledigen - und das neben all den anderen Vorbereitungen, die es sowieso schon zu treffen galt.

Als erstes habe ich mit meiner Entsendeorganisation über meinem Plan gesprochen, bevor ich eine E-Mail an die Verantwortliche meiner Einsatzstelle geschrieben habe. Diese hat sich sehr über meinen Projekt-Vorschlag gefreut und es als eine „große Innovation für die Mädchen“ bezeichnet.

Als nächstes habe ich einen Flyer entworfen, den auch meine Schwester und meine Mama in ihrem WhatsApp-Status geteilt haben. Auf diese Weise habe ich von Freunden und Bekannten schließlich drei Einräder geschenkt bekommen.

Screenshot von meinem Flyer

Neben den Spenden für meinen Unterstützerkreis (zur Finanzierung der restlichen 25% eines staatlich geförderten Freiwilligendienstes; s. „Mein Freiwilligendienst & ich“) und den geschenkten Einrädern, habe ich auch Geld für mein Einrad-Projekt gespendet bekommen. An dieser Stelle möchte ich mich noch mal ganz herzlich bei Euch allen bedanken! Ihr habt das Projekt mit Eurer Unterstützung überhaupt erst möglich gemacht!

Von diesem Geld habe ich dann noch ein ganz kleines (gebrauchtes) Einrad gekauft.

Auf dem Heimweg mit dem kleinen Einrad

Außerdem habe ich mit Papa eine Luftpumpe, Ersatzschläuche und -ventile besorgt (worüber ich im Nachhinein sehr froh bin, weil alles schon zum Einsatz kam). Soweit so gut.

Jetzt blieb nur noch eine große Frage: WIE ZUR HÖLLE SOLL ICH DIE EINRÄDER KNAPP 5.000km LUFTLINIE BIS NACH TOGO TRANSPORTIEREN??!!!!

Meine Suche nach einer Antwort führte mich zuerst einmal durch unterschiedliche Internet-Foren. Dort habe ich mehrfach gelesen, dass das Einrad als ‚Sportgepäck‘ transportiert wurde - und das teilweise sogar kostenlos. Aber ob das auch bei vier Einrädern klappt? Unwahrscheinlich…

Danach habe ich mich auf der Website meiner Fluggesellschaft umgesehen und - ihr glaubt es nicht - beim ‚Sportgepäck‘ wurde unter ‚Fahrrad‘ sogar ‚Einrad‘ aufgeführt. Es gab da nur einen klitzekleinen Hacken: der Preis. Pro Einrad wären das satte 150€ Extra-Gebühren gewesen!

Des weiteren habe ich bei der Fluggesellschaft angerufen. Der nette Mann am anderen Ende der Leitung versuchte mir zu helfen, indem er erst mal meinen gebuchten Flug im System gesucht hat. Da ich zu diesem Zeitpunkt aber mein Flugticket noch nicht hatte, musste ich ihm dazu meinen Namen buchstabieren - und das auch noch auf Englisch („L like Lion“, „E like Elephant“, …, „R like Rainbow“). Das war zwar irgendwie lustig, aber leider nicht sehr zielführend. Und am Ende war ich genauso schlau wie zuvor. Ok, ich war zumindest um die Erfahrung eines Telefonats mit Namen-auf-Englisch-buchstabieren reicher.

Als ich mein Flugticket erhielt, probierte ich mein Glück beim Reisebüro, dass unsere Flüge gebucht hatte. Gemeinsam mit einer sehr hilfsbereiten Dame bin ich dann zu dem Entschluss gekommen, dass die günstigste Variante das Aufgeben eines zusätzlichen Gepäckstücks ist (Kosten: 160€). Also habe ich mit den Spendengeldern auch noch einen gebrauchten Koffer gekauft, um darin die Einräder zu transportieren.

Eine Woche vor Abflug habe ich mich dann zusammen mit Papa dem Verpacken der Einräder gewidmet. Wir mussten feststellen, dass so ein Rad viel größer wirkt als sonst und der Koffer plötzlich viel kleiner erscheint, wenn beides nebeneinander liegt. Aber mit ein bisschen Kreativität geht alles! Wir haben die Einräder in ihre Einzelteile zerlegt (und sorgfältig beschriftet), sodass fast alle Teile in den Koffer gepasst haben. (Ein Rad und eine Gabel haben ihren Platz in meinem „normalen“ Koffer gefunden.)

Die vier Einräder: in Einzelteile zerlegt, beschriftet …

… und mit Polstern geschützt im Koffer verstau

Die zwei restlichen Teile, die nicht mehr in den „Einrad-Koffer“ gepasst haben

2. Das Einrad-Projekt

In Togo angekommen, habe ich dann alle Einräder wieder zusammengebaut und mit in meine Einsatzstelle genommen.

Beim Zusammenbauen der Einräder (im Vordergrund: Werkzeug und das gekaufte Zubehör)

Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich die Einräder aus dem Auto ausgeladen habe und die Mädchen sie zum ersten Mal gesehen haben: Sie waren total aus dem Häuschen, sind mit den Einrädern in der Hand im Hof herumgerannt und waren kaum zu beruhigen. Nur mit Müh und Not habe ich sie davon überzeugen können, die Einräder bis Samstag (es war Mittwoch) noch mal aufzuräumen. Seitdem ist die Begeisterung kaum kleiner geworden. Jede Woche werde ich gefragt, ob ich denn am Samstag da sein werde und wir wieder Einrad fahren. Ich freue mich riesig, dass es den Mädchen so viel Spaß macht! Außerdem bin ich sehr stolz auf sie, dass sie sich auf das wacklige Sportgerät wagen und so schnell Fortschritte machen!🥰

Im Rahmen des Einrad-Projekts haben die Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit, etwas Neues auszuprobieren und zu lernen. Im Vordergrund steht dabei das Einradfahren an sich. Darüber hinaus schult es aber auch Fähigkeiten wie Selbstvertrauen (> sich trauen, auf ein Einrad zu steigen) und das Vertrauen in andere (> denjenigen vertrauen, die einen halten). Zudem lernen die Mädchen Verantwortung füreinander zu übernehmen und sich selbstständig in 3er-Gruppen zusammenzutun (> eine Person fährt und wird von zwei Personen gestützt). Außerdem müssen sie untereinander ausmachen, wer zuerst fahren darf, und dann eigenständig durchwechseln.

Dieses Projekt wäre ohne die Unterstützung durch meine Familie, Freunde, Bekannte, … gar nicht umsetzbar gewesen. Vielen, vielen Dank für Eure Hilfe, Eure ermutigenden Worte sowie die Begeisterung für meine vielleicht ein bisschen verrückte Idee!❤️