100 Tage Togo - Teil 1: Mein Alltag
- leaintogo
- 18. Dez. 2024
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 6. Apr.
Es ist nun genau 100 Tage her, dass ich ins Flugzeug nach Togo gestiegen bin und mein Abenteuer begonnen hat. Aus diesem Anlass möchte ich Euch in diesem ersten Artikel mit in meinen Alltag hier in Lomé mitnehmen. Im zweiten Teil werde ich dann näher auf meine Einsatzstelle eingehen.

Das WG-Leben
Dieses Jahr gibt es von meiner Entsendeorganisation insgesamt fünf Freiwillige in Togo. Wir wohnen alle in Lomé, aufgeteilt in 2 WGs, die ca. 4km voneinander entfernt sind. Wir haben alle unterschiedliche Einsatzstellen, arbeiten jedoch alle mit Kindern und Jugendlichen zusammen: In einem Kinderheim, in einer Schule für gehörlose Kinder, in einer Krippe oder ihm Rahmen von Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe, in einem Zentrum für Kinder, die Opfer von Gewalt oder Missbrauch geworden sind, oder im „Foyer Antonio“ (meine Einsatzstelle: https://leaintogo.wixsite.com/lea-in-togo/post/100-tage-togo-teil-2-meine-einsatzstelle).
Da sich meine Eltern bisher um (fast) alles gekümmert haben, ist es ehrlich gesagt eine ziemlich große Umstellung für mich, plötzlich selbst für alles zuständig zu sein: sich um Strom, Wasser und Internet kümmern, auf dem Markt einkaufen gehen, kochen, putzen, (ab-)waschen – und zwar ohne Wasch- oder Spülmaschine, und so weiter und so fort. Außerdem habe ich jetzt keinen direkten Ansprechpartner mehr, der immer da ist. Dadurch musste ich bspw. eigenständig herausfinden was zu tun ist, damit der Müll abgeholt wird oder das Internet funktioniert. Und als z.B. der Schlauch vom Gasherd kaputt gegangen ist oder man bei unserer Dusche plötzlich das Wasser nicht mehr abstellen konnte (weil der Wasserhahn defekt war), musste ich selbst eine Lösung finden (bzw. jemanden, der mir hilft).
Ich merke jetzt, wie viel Zeit und Energie das alles in Anspruch nimmt und weiß die Arbeit meiner Eltern viel mehr wertzuschätzen. Ihr seid die Besten und ich möchte an dieser Stelle einfach mal DANKE sagen!
Leider muss ich mir die WG nicht nur mit meiner Mitfreiwilligen, sondern auch verschiedenen Tieren teilen. Neben Kakerlaken und Mücken gibt es bspw. auch diese 8-Beiner:

Andere Tiere wie Geckos sind dagegen sehr süß anzusehen, v.a. wenn sie z.B. über den Hof (bei mir auf der Arbeit) flitzen. Sie können aber auch ganz schön beeindruckend sein, wenn sie so nahe kommen wie auf dem rechten Bild:

Mahlzeit!
Wenn niemand mehr für einen kocht, muss man das gezwungenermaßen selbst in die Hand nehmen - im wahrsten Sinne des Wortes. Aber das hat auch etwas Gutes: Während der letzten drei Monate habe ich meine Freude am Kochen und Experimentieren in der Küche entdeckt. Teilweise gibt es hier andere Zutaten zu kaufen (bzw. sind eher verbreitet) als zu Hause (z.B. Kochbananen, Yams, Maniok, Tomatenmark in Konservendosen, Erdnussbutter im Glas).

Zugleich sind andere Lebensmittel hier nicht so verbreitet (z.B. Kartoffeln) oder nur im Supermarkt zu finden und entsprechend teuer (bspw. Käse, Joghurt). Dementsprechend sieht mein Speiseplan anders aus und ich koche meistens nach Gefühl und Geschmackstest, statt mit Rezept. Hier ein paar Beispiele (sry, ich habe v.a. von Reisgerichten Fotos…🙈):

Wenn die Motivation dann doch mal eher gering ausfällt oder der Hunger schon sehr groß ist, finde ich keine 100m von meiner Wohnung eine praktische Alternative: An einem der zahlreichen Streetfood-Stände kann man für wenig Geld bspw. Reis, Bohnen, pâte oder Nudeln mit unterschiedlichen Soßen kaufen. Besonders von Reis mit Tomatensoße und „veyi“ (gesprochen: veji; Bohnen mit gari) bin ich mittlerweile großer Fan.

Da ich eine Krankheit namens Zöliakie habe, muss ich mich streng glutenfrei ernähren. Bevor ich hierher geflogen bin, habe ich mich informiert, was in Togo für gewöhnlich auf den Teller kommt. Allzu viele Informationen habe ich dazu nicht gefunden, aber zumindest wusste ich, dass es Reis, Yams und Maniok gibt, welche glutenfei sind. Also habe ich beschlossen, dass ich „einfach“ vor Ort schauen werde, was sich findet, und schon alles gutgehen wird. Nach drei Monaten sieht mein Fazit folgendermaßen aus:
Die glutenfreie Diät ist hier in der Hinsicht etwas schwieriger als in Deutschland, als dass es nur wenig Ersatzprodukte zu kaufen gibt. ABER es gibt sie: Im Supermarkt sind z.B. Nudeln, Haferflocken, Mehl und Madeleines in glutenfreier Version vorhanden. Als ich das entdeckte, habe ich mich riesig gefreut!! (s. auch „Meine erste Woche in Lomé 6“: https://leaintogo.wixsite.com/lea-in-togo/post/meine-erste-woche-in-lomé-6). Diese Produkte sind allerdings teuer - noch teurer als sie es in Frankreich ohnehin wären (glutenfrei = teuer 😢), von wo sie importiert werden - und auch nicht immer verfügbar. Glutenfreies Brot gibt es hier bspw. gar nicht, weshalb ich angefangen habe, Brot selber zu backen (s. „Backe, backe Brötchen“: https://leaintogo.wixsite.com/lea-in-togo/post/backe-backe-brötchen).

Gleichzeitig habe ich aber - sobald man sich von seinen deutschen Gewohnheiten löst - sehr positive Erfahrungen gemacht. Da hier insbesondere Reis und Mais (in Form von Mais-Mehl, das zu pâte verarbeitet wird) zum Kochen verwendet und durch Yams, Maniok oder Süßkartoffeln ergänzt werden, habe ich eine große Auswahl an von Natur aus glutenfreien Lebensmitteln. Kompliziert wurde es bisher nur, wenn wir in einem Restaurant eingekehrt sind, in dem vorrangig Burger, Pizza und Nudeln auf der Speisekarte standen. Aber auch dort hat sich dann immer etwas gefunden - sei es Reis mit Gemüse oder auch mal Pommes…

Um das wirklich köstlich riechende Gebäck, das an der Straße verkauft wird, muss ich zu meinem großen Bedauern einen weiten Bogen machen. (Deshalb gibt es davon auch keine Bilder…🫠) Aber zum Glück gibt es ja jede Menge andere Köstlichkeiten! Insbesondere das Obst hat es mir angetan. Neben unglaublich leckerer Ananas gibt es seit ca. 1 Monat auch saftige Mangos und Kokosnüsse. Außerdem findet man auch Süßigkeiten wie Popcorn, gebrannte Mandeln oder karamellisierte Kokosraspeln.

Ein „Lerndienst“
Ich glaube, dass mein Freiwilligendienst für mich in erster Linie ein „Lerndienst“ ist. Durch meinen Aufenthalt hier in Togo habe ich die Möglichkeit, in eine für mich neue Kultur einzutauchen und mich weiterzuentwickeln. Dabei finde ich insbesondere den Austausch mit den Menschen, denen ich hier begegne, sehr bereichernd. Neben diesem interkulturellen Austausch ist auch das gegenseitige Lernen ein wichtiger Bestandteil: Einerseits kann ich z.B. den Mädchen in meiner Einsatzstelle etwas beibringen (bzgl. der Schule, Einradfahren). Andererseits lerne ich viel von ihnen, indem sie mich an ihren Alltag teilhaben lassen. Angefangen bei typisch togoischen Gerichten über „Wie isst man mit den Fingern statt mit Besteck“ bis hin zu „Wäsche von Hand waschen“ konnte ich mir bereits einiges bei ihnen abschauen.
Auch auf dem Weg durchs „quartier“ (= Viertel) gibt es viel zu entdecken: Neben den bereits erwähnten Streetfood-Ständen kommt man an zahlreichen kleinen Ständen vorbei, die verschiedenes Obst, Gemüse oder allerlei anderen nützliche Dinge anbieten. Dazwischen gibt es kleinere und größere Lädchen, in denen man bspw. Wasser, Toilettenpapier, Zucker, Obst, etc. kaufen kann. In fast jeder Straße findet man außerdem eine Schneiderin (ich habe bisher nur Frauen gesehen, daher an dieser Stelle die weibliche Form), die einem das Kleidungsstück seiner Träume maßschneidert, oder einen Friseursalon, in dem man sich die Haare zu kunstvollen Frisuren flechten lassen kann.

Allerdings ist es eine Sache der Unmöglichkeit, unbeachtet eine Straße entlangzulaufen. Sobald ich einen Fuß vor die Haustür setzte, werde ich mit „Bonsoir“ (= Guten Abend) gegrüßt – auch wenn es gerade einmal 12 Uhr ist. Die Kinder rufen begeistert „Yovo, yovo bonsoir“ (Yovo bedeutet Weiße:r) und winken mir fröhlich zu oder kommen angerannt, um mir die Hand zu schütteln. Das kann manchmal ganz schön anstrengend sein. Vor allem am Anfang fand ich es herausfordern, aufgrund meiner Hautfarbe ständig Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.
Eine weitere Herausforderung sind die anderen Normen und Erwartungen. Ein Beispiel ist das Einhalten von Uhrzeiten: Wir deutschen Freiwilligen sind es gewohnt, dass man sich zur ausgemachten Uhrzeit trifft und Verspätung als unhöflich angesehen wird. Für die Togoer ist es aber - meinen bisherigen Erfahrungen nach - nicht ungewöhnlich, 30min später zu kommen, ohne Bescheid zu geben.
Ach ja, und dann ist da auch noch die Sache mit der Kommunikation. Mittlerweile ist es etwas leichter geworden, aber anfangs hatte ich wirklich große Probleme, das togoische Französisch zu verstehen. Das liegt zum Teil daran, dass manche Worte anders ausgesprochen oder betont werden, sodass ich sie erst nach mehrmaligem Wiederholen wiedererkenne. So z.B. bei den Zahlen: 7 („sept“) wird nicht „set“ sondern eher wie „sette“ ausgesprochen. Daneben gibt es ein paar (wie ich mittlerweile finde) sehr praktische Ausdrücke, die ich zuvor nicht kannte (und die deshalb bei mir erst mal für ein wenig Verwunderung gesorgt haben). Wenn man bspw. stolpert oder sich am heißen Essen verbrennt, folgt darauf meist ein „Doucement!“ (= langsam). „J‘arrive!“ bringt zum Ausdruck, dass man gleich wiederkommt.
Es Weihnachtet sehr!
Meine Familie erzählt mir bei jedem Telefonat, wie kalt es jetzt bei ihnen ist – eigentlich ganz normal, schließlich ist nun Dezember. Für mich ist es aber seit Monaten Sommer - „endless summer“ sozusagen. Mit Temperaturen zwischen 34° C (tagsüber) und 24° C (nachts) ist es ein Ding der Unmöglichkeit, nicht ständig zu schwitzen…
Mit der Zeit habe ich mich halbwegs daran gewöhnt, nur ist es dadurch umso schwieriger, Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen. Das ist vielleicht auch der Grund, weshalb die Weihnachtsdeko, die sich hauptsächlich in den Supermärkten findet, beim ersten Anblick ein wenig absurd auf mich gewirkt hat. Neben riesigen aufblasbaren Weihnachtsmännern vor der Tür gibt es im Inneren beispielsweise Tannenbäume, teilweise sogar mit einer zarten Schicht aus Pulverschnee bedeckt.

Auch in meiner Arbeitsstelle haben die Weihnachtsvorbereitungen begonnen: Die Mädchen üben z.B. verschiedene Tänze, die bei der Feier am 24. Dezember vorgeführt werden. Zudem war vor 3 Wochen eine Schneiderin da, die von allen die Maße genommen hat. (Ich bekomme nämlich auch ein schickes Kleid genäht! 🥰) Denn was wäre ein Weihnachtsfest ohne die schicke Kleidung aus pagne (= bunte Stoffe, die in Togo sehr verbreitet sind)?
Ich hatte von Anfang an die Idee, mich beim Kauf der Weihnachtsgeschenke zu beteiligen. Wie ich aber am Wochenende erfahren haben, hat das Foyer aufgrund seiner finanziellen Situation aktuell gar keine Kapazität, Geschenke für die Kinder und Jugendlichen zu besorgen. Da aber jedes Mädchen ein kleines Geschenk (Kleinigkeiten des täglichen Bedarfs wie Deo, Ohrringe, etc.) bekommen soll, habe ich beschlossen, dass mein Beitrag über eine „bloße Beteiligung“ hinaus gehen wird. Aus diesem Grund würde ich mich sehr freuen, wenn Du mich mit Deiner Spende unterstützt!
Darüber hinaus würde ich mit den Mädchen am Ende meines Aufenthalts gerne einen Ausflug an den Strand machen. Dafür muss bspw. ein Bus gemietet, Essen organisiert werden, und und und… Auch für dieses Projekt würde ich mich sehr über Deine Unterstützung freuen!
Deine Spende kannst Du auf das folgende Konto überweisen:
AIE e. V. - Association for International and Intercultural Exchange
IBAN: DE05240501100065135220
BIC bzw. SWIFT-Code: NOLADE21LBG
Geldinstitut: Sparkasse Lüneburg
Bitte gebe für die Zuordnung folgenden Code im Überweisungskommentar an: 041224
Wenn gewünscht, kann AIE e.V. eine Spendenbescheinigung ausstellen. Bitte füge in diesem Fall im Kommentar auch Deine Postanschrift hinzu.
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